BSV-Tour nach Israel

Allgemein bekannt ist es, dass Rugby nicht bei jedem Wetter gleich gut funktioniert: In Abhängigkeit von den Temperaturen sehnen sich die Stürmer nach dem nächsten Scrum, oder ihnen wird schon beim Gedanken daran schwummerig. Gleiches gilt für die Hintermannschaft, deren wohlfrisierte Tolle das Spiel entweder unbeschadet übersteht, oder durch fallende Feuchtigkeit eher die Form eines unansehnlichen Eierplätzchens annimmt und im Anschluss ans Spiel wieder aufwendig gerichtet werden muss. Ebenfalls unschön. Trotz der Schwierigkeiten, die ein nasser Ball mitunter bereiten kann, scheint es hierzulande allerdings einen Konsens in Bezug auf ein passables bis sehr gutes Spielwetter zu geben, je nach Position und individueller Neigung: 10 Grad, leichter Nieselregen.

Exakt bei diesen Bedingungen gibt es allerdings bei den acht israelischen Mannschaften, die die nationale Sportszene dieses schönen Landes am Mittelmeer seit 1970 bereichern, anscheinend den Konsens, dass dies nicht nur absolut unpassable Spielbedingungen sind, sondern es wird einfach nicht trainiert. Die geschockten Blicke auf die Klimatabelle, die wir im Anschluss an diese Information warfen, zeigten allerdings, dass deshalb Rugby in Israel keineswegs verhindert wird. Es gibt mehr als genug sonnige und halbwegs warme bis brüllend heiße Tage, an denen die Israelis unserem schönen Sport frönen können. Und wie! Sicherlich bedingt durch den obligatorischen Militärdienst – Frauen werden für zwei, Männer für drei Jahre zum Dienst an der Waffe aufgerufen – ist das Fitnesslevel und der Kampfgeist der Mannschaften, mit denen wir auf unserer Reise trainieren durften und die wir bei Spielen in Tel Aviv auch in Aktion sahen, beeindruckend hoch.

Einer Einladung unseres geschätzten ehemaligen Teammitglieds Uri Hertz folgend, traten 11 BSV-Recken an, im Verlauf einer Woche die kleine aber feine israelische Rugbyszene aufzumischen. Leider machte – hier beweist sich wieder, dass „Wetter“ nicht nur ein Thema in Aufzügen sein muss – uns eben jenes zum Teil einen Strich durch die Rechnung. Nach unserer Ankunft am Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv am 24. Januar und unserer anschließenden, halbstündigen Kolonnenfahrt nach Jerusalem – ja, das Land ist tatsächlich so klein, die Abstände zwischen den Städten gering – war eigentlich ein Training mit dem Jerusalem Lions Rugby Club angesetzt. Doch das zweite Schneetreiben in 50 Jahren bewog die Verantwortlichen mit Blick auf den empfindlichen Rasen das Training abzusagen und die dritte Halbzeit direkt einzuläuten, in deren Verlauf wahre Arien an Liedgut dargeboten wurden.

Eben jenes kalte, regnerische und insgesamt ungemütliche Wetter verhinderte darüber hinaus die für den zweiten Tag geplante Weiterreise ans Tote Meer und in den Norden, in das Kibbuz Hazorea. Uri, mittlerweile gestandener Kibbuzim, verwies auf die überschwemmten Straßen und gab uns stattdessen eine Tour durch die Altstadt Jerusalems mit den bekannten Stationen: Das Grab von König David, die Dormitio-Basilika mit der schlafenden Maria, die Grabeskirche mit dem Taufstein, die via dolorosa, die Klagemauer, die ihrerseits von Felsendom und Al-Aqsa-Moschee überragt wird. Am dritten Tag fuhren wir dann durch die leicht angegrünten Hügel, von Jerusalem in die Westbank und hinab ans 1300 Meter tiefer gelegene Tote Meer. Während wir dort bei angenehmen Temperaturen im Wasser vor uns hintrieben, mag der ein oder andere tatsächlich froh gewesen sein, dass wir in Jerusalem doch kein Training mit dazugehörigen Blessuren hatten: Salz in Wunden – oder auf anderen Schleimhäuten – ist einfach kein Spaß. Nach einer kurzen Fahrt durch die Westbank und an der Ostgrenze entlang in Richtung Norden erreichten wir das Kibbuz Hazorea, das am Rande eines weiten Tals liegt, an dessen gegenüberliegenden Hängen die Stadt Nazareth liegt.

Endlich konnten wir trainieren: Die Mannschaft des Kibbuz Yizreel, die schon seit 1967 existiert und uns am folgenden Tag empfing, ist eine der spielstärksten des Landes. Genau diese Spielstärke erstaunte angesichts des Platzes, der eher einem Acker mit einigen ausgedehnten Moorlandschaften glich. Dennoch tat es gut nach einer vormittäglichen Wanderung durch die Hügel um das Kibbuz Hazorea mit dem obligatorischen türkischen Kaffee und einer anschließenden Kibbuzführung von Uri, sich auf der Jagd nach Ball und Gegner in den Matsch zu werfen. Wie uns der Mannschaftsarzt beim gemütlichen Kaltgetränk im Anschluss versicherte, gibt es gar konkrete Pläne, ein Stadion mit Fitness-Center dort zu bauen. Was fehle, seien die Gelder des Verbandes und des Staates. Dennoch stimmt diese Aussicht doch sehr optimistisch für die Zukunft des israelischen Rugbys.

Die nächsten Tage waren mit Rugby-fernen Tätigkeiten gefüllt: Ein Besuch in der Hafenstadt Haifa und dem Baháí-Garten, dem Tempel der seit dem Jahr 1850 am schnellsten wachsenden Religion; ein Besuch am höchsten Berg Israels mit angeschlossenem Ski-Ressort, direkt an der libanesisch-syrischen Grenze; die Golan-Höhen und der See Genezareth. Nach einer weiteren Übernachtung im Kibbuz Hazorea und einem weiteren, freundschaftlichen Besuch bei der Kibbuz-Mannschaft Yizreel, der wir eine herzliche Einladung nach Berlin aussprachen, kamen wir am 30. Januar wieder in Tel Aviv-Jaffa an. Dort wohnten wir den unterhaltsamen Spielen der beiden Mannschaften aus Tel Aviv – A.S.A. Tel Aviv gegen das Kibbuz Yizreel und Galil gegen Ra’annana – bei und durften insbesondere den z.T. exzellenten Hintermannschaftsskills applaudieren. So ließen wir, begleitet durch unseren ortskundigen Mannschaftskollegen Jacob, unsere Israelreise in dieser außerordentlich vielschichtigen Metropole, mit jeder Menge mazze und ihrem schönen Nachtleben ausklingen. Fazit: Dieses Land ist jederzeit einen Besuch wert, auch wegen der Rugbygemeinde.

Schalömchen und auf bald!


24.: Vormittags Ankunft, dann Fahrt nach Jerusalem, dort einrichten. Dann Treffen mit lokalem Rugbyteam, das bei Regen nicht spielt.

25.: Führung von Uri durch Jerusalem.

  • Kalte Füße, Schnee,
  • Grab von König Salomo, Marienkirche, Grabeskirche, Klagemauer, Felsendom und Al-Aqsa–Moschee
  • Lehre des Tages: Es ist kompliziert.

26.: Fahrt zum Toten Meer und ins Kibbutz Hazorea.

  • Angegrünte Hügel
  • Kaum merklicher Höhenunterschied von 1300 Metern zwischen J und TM

27.: Wanderung durch die Hügellandschaft

  • Holocaust-Gedenktag
  • um das Kibbutz, gegründet am 16.02.1936, in sozialistischer Tradition, säkulares Selbstverständnis
  • obligatorischer Kaffee
  • Gepflanzte Bäume all überall
  • Führung von Uri durch das Kibbutz
  • Abends Training mit der Kibbutz-Mannschaft Yizreel

28.: Fahrt in den Norden

  • Besuch in Haifa
  • Detusche Gemeinschaft
  • Tempel der Schönheit (die am zweitschnellsten wachsende, religiöse Gemeinschaft weltweit seit 1850)
  • Kaffee am Strand mit schöner Brandung
  • Picknick mit Blick auf den Hafen.
  • Fahrt ins Jakuzi

29.: Fahrt weiter in den Norden

  • Mt Hebron
  • Syrische Grenze
  • Abstieg zum See Genezareth
  • Besuch bei Kibbutz-Mannschaft Yizreel
  • Übernachtung im Kibbutz

30.: Fahrt nach Tel Aviv

  • Tag des Baumes
  • Zwei Spiele der Tel Aviver Mannschaften
  • Rundgang durch Tel Aviv, geleitet von Joseph
  • Essen
  • Feiern

31.: Rückflug

Geschrieben von Florian Braun

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